Konfliktmanagement mit Annalena

Nach den Koalitionsverhandlungen trat die designierte zukünftige Außenministerin Annalena Baerbock vor die Mikrofone der Journalisten und berichtete von den nicht einfachen Gesprächen zwischen den Parteien. Sie gestand auch eigene Vorbehalte und „Blinde Flecken“ ein, als sie das Beispiel von der 6 und der 9 brachte. Je nach Perspektive, so die junge Politikerin und Mutter, kann man das gleiche scheinbar unterschiedlich wahrnehmen. Während Herr Lindner aus seiner inneren Haltung heraus eine 6 erkennt, meint die Grüne ihm Gegenüber eine 9 zu erkennen.

Das beeindruckende an dieser Mitteilung ist das Eingeständnis einer Politikerin, daß sie nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen hat. Es gibt nicht die eine Wahrheit, sondern vieles ist tatsächlich eine Frage der Perspektive. Man kann hart diskutieren und verhandeln und sich am Schluß dennoch die Hand reichen, wenn man das einmal erkannt hat. Es gibt keine Gewinner und Verlierer mehr, sondern Menschen, die flexibel genug sind, sich in eine andere Position hineinzuversetzen.

Sollte es Annalena gelingen, diese Haltung als Außenministerin weiterzuleben, steht ihr sicherlich eine große Karriere bevor. In kaum einem anderen politischen Feld kommt es so sehr darauf an, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und Kulturen, die einen fremd sind, zu respektieren.

Deutschland und der Welt stehen turbulente Zeiten bevor. Es gibt viele Konfliktherde. Die Koalition hat sich dabei auch eindeutig positioniert. Sie will die Menschenrechtsverletzungen in China gegenüber den Uirgurren anprangern. Sie besteht darauf, daß die Besatzung der Krim durch Rußland ein Völkerrechtswidriger Akt war.

Annalena wird um die Welt reisen. Sie wird unzählige Gespräch führen und sie wird nicht umhinkommen, dabei flexibel zu bleiben. Wer sich bewegt, kann andere bewegen. Vielleicht gelingt es ihr auch, die scheinbaren Kontrahenten von ihrer Position zu überzeugen. Eine Grundvoraussetzung ist tatsächlich die Bereitschaft zur Bewegung. Wer reist, wird flexibler und gleichzeitig kreativer, wie die Forschung belegt. Man darf guter Hoffnung sein mit dieser Außenministerin.

Aber auch im Inland kann es hilfreich sein, die Perspektive zu wechseln. Gerade werden heiße Diskussionen geführt, wie man die Impfunwilligen überzeugen kann. Die Emotionen schlagen hoch und alte Verhaltensmuster der Aggression und Verzweiflung treten hervor. Gewalt ist dann oft eine naheliegende Lösung. Die Frage ist, was man damit der eigenen Kultur langfristig antut. Es geht tatsächlich um mehr als Gesundheit. Es geht um die Identität einer Demokratie.

Paradoxerweise hilft es manchmal, seine eigene Überzeugung zu hinterfragen, um ganz bei sich zu bleiben. Eine Übung, die das unterstützt, besteht darin, in die Rolle seines Kontrahenten zu schlüpfen. Wogegen oder wofür sind sie? Sie können ein Thema wählen. Es muß nicht die Corona-Impfung sein. Und nun sammeln sie möglichst viele Argument gegen ihre ursprüngliche Einstellung. Recherchieren sie. Sprechen sie mit anderen. Suchen sie nach den 10 Besten Argumenten der Impfgegner. Machen sie aus der 6 eine 9.

Danach gönnen sie sich etwas Zeit zur Erholung. Gut Ding will Weile haben und das Aufbrechen alter Verhaltensmuster und Einstellungen braucht auch Zeit. Doch es ist eine gut investierte Zeit. Nachdem man so viel an Informationen aufgewühlt und verarbeitet hat, wird sich der Nebel lichten und man sieht tatsächlich klarer. In der kognitiven Psychologie spricht man auch von dem sogenannten Aquarium-Effekt. Er bewirkt, daß man den Überblick bekommt. Doch er hat noch einen weitern positiven Effekt. Man versteht auch die andere Seite besser. Damit wiederum hat man beste Voraussetzungen, um ein bißchen aus der eigenen Haut zu fahren, sich in andere einzufühlen und so Win-Win-Lösungen zu finden.

Die Ampel ist auf Grün, was die politische Zukunft anbetrifft und vielleicht auch für die Konfliktlösung in der Welt und in den Herzen der Menschen dieses Landes.

Konfliktmanagement mit Annalena

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