Die Hamster-Reise

Bob Sullivans Buch von 2013 trägt den Titel „Der Plateau-Effekt“. Es ist eines der Bücher, die man bei zu viel Freizeit in der Corona-Krise lesen sollte. Die Krise stürzt viele Menschen aus ihrem Plateau und gibt jedem die Chance sich zu verändern, zu wachsen und glücklicher zu werden. Beruflich wie privat.

Das Plateau ist ein Zustand, den man erreicht, wenn man an einer Sache über einen längeren Zeitraum gearbeitet hat. Man hat sich engagiert, man hat sich schon verändert und es haben sich auch erste Erfolge eingestellt. Sportler erleben das, wenn sie ihr Training nicht variieren. Sie steigern zunächst ihre Leistungsfähigkeit, doch dann ist plötzlich Schluß. Sie verändern nichts mehr und genau das ist der Grund, warum sie sich nicht mehr verbessern. Das Plateau steht für eine Stagnation auf einem manchmal höheren und manchmal niedrigerem Niveau. Insbesondere wenn es sich um ein niedriges Niveau handelt, kann es fatal sein. Man hat sich daran gewöhnt, man glaubt nicht mehr daran, daß einen die eigene Anstrengung weiterbringen wird. Man hat sich auf dem Plateau eingerichtet. Es ist zu einer Komfortzone geworden, die sich nicht so richtig komfortabel anfühlt.

Bob Sullivan erwähnt gerne das Beispiel eines Badezimmers, dessen unangenehmer Geruch auffällt, wenn man es betritt. Bleibt man lange genug in dem Raum, bemerkt man den Gestank nicht mehr. Und natürlich gibt es ein Plateau auch bei unangenehmen sozialen Situationen. Im Laufe der Zeit gewöhnt man sich an die Arbeit, die einen unterfordert und das Mobbing der Kollegen wird zur zynischen Unternehmenskultur.

Die Krise ist ein Plateau-Sprenger, denn sie fordert von den Menschen ein Abweichen von der Norm, einer Norm, die längst nicht für jeden befriedigend war. Drei Strategien können helfen, um sich wieder zu verändern und diese Frustzone zu verlassen.

  1. Als erstes sollte man schnell viele Fehler machen und die Veränderung registrieren. Es ist wichtig, wieder Bewußtsein zurückzugewinnen, wo sich Automatismen eingenistet haben. Dabei sollte man genau hinsehen, beobachten und sogar messen. Für einen Sportler ist das einfach. Er verändert seine Trainingsroutinen und mißt, ob er schneller wird, weiter oder höher springt. Für einen Künstler ist es wichtig, Feedback einzuholen. Wie wirkt es auf andere, wenn er eine neue Technik anwendet oder anders präsentiert? Fehler, Kontrolle und Optimierung sollten für alle Plateaubewohner die neue Routine der Veränderung werden.
  2. Zweitens ist es wichtig, sich selbst zu inspirieren. Dafür sollte man an neue Orte gehen, neue Menschen kennenlernen und ungewöhnliche Filme sehen oder Bücher lesen. Das Plateau ist nur scheinbar alternativlos. Veränderung ist nicht immer leicht, aber fast immer aufregend. Wer Neues ausprobiert, wird nervös sein und Angst empfinden. Doch gerade diese negativen Emotionen sind Zeichen der Entwicklung und des Wachstums. More risk more fun.
  3. Drittens empfiehlt auch Bob Sullivan, mit dem was man bisher gemacht hat, für einen begrenzten Zeitraum aufzuhören. Nur weil es Plateau heißt, ist man nicht Top. Jede Komfortzone hat ein Ablaufdatum. Die kurzfristige Ruhe erkauft man sich nicht selten mit einem langfristigen Unglück. Viele Menschen scheuen die Veränderung, weil sie vergessen haben, wie wunderbar ihr Leben sein könnte. Sie sind wie der Panther in dem Gedicht von Rainer Maria Rilke:

Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Corona-Zeit ist in mehrfacher Hinsicht Hamster-Zeit. Wer noch träumen kann, der sollte jetzt aus dem Hamsterrad aussteigen. Dabei ist es erlaubt, erst einmal nur in der Wohnung zu liegen, Chips zu essen und „Haus des Geldes“ zu schauen. Es geht darum, etwas Neues zu wagen und in dieser von Arbeit, Wochenenden, Arbeit, Urlaub, Arbeit geprägten Welt ist das Nichts-Tun oft das größte Abenteuer und wie eine Reise zu neuen Horizonten. Am Ende des Plateaus wartet dann die Sehnsucht und der Meer-Mehr-Effekt nach St. Exupery.:

Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.

Die drei Strategien von Sullivan sind Werkzeuge, um die Sehnsucht in sich wieder zu entdecken und die eigene Hamster-Reise zu starten.

Über Innere-Staerke

Dipl.-Psychologe und Spezialist für Stressmanagement und Soziale Kompetenz. Teamtrainer und Berater in Personalentwicklung und Personaldiagnostik. Gründer von Innere Stärke Trainings und Coachings und Personalentwicklung3000
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