Hertha und die Wortfindungsmethode

Wörter kreieren Wirklichkeit. Deshalb sollte man sehr vorsichtig sein, was man durch seine Worte in die Welt bringt. Nun hört man plötzlich überall, daß es eine neue Normalität gebe. Außerdem soll man sich daran gewöhnen. Richtig ist, daß die Norm, also das Normale, häufig durch das bestimmt wird, was viele machen. Jetzt, da alle Abstand halten, sich nicht die Hand geben und Workshops als Video-Konferenzen stattfinden ist das tatsächlich normal. Es ist auch neu, da es das so vor wenigen Wochen noch nicht gab. Rein formal betrachtet stimmt also die Wortschöpfung der neuen Normalität. Bei genauerer Betrachtung sollte man sie allerdings hinterfragen.

Nicht alles, was viele für einen bestimmten Zeitraum machen, ist normal. Normal wird nicht allein von der Mehrheit definiert. Normal ist, was dem Leben zuträglich ist. Man kann den eigenen Körper an eine schädliche Sitzhaltung gewöhnen. Menschen gewöhnen sich an frustrierende Beziehungen. Alles kann zur Normalität im statistischen Sinne werden. Deshalb ist es aber nicht gut, dem Menschen zuträglich, und sollte auch nicht unwidersprochen akzeptiert werden.

Es gibt keine neue Normalität in Bezug auf menschliche Bedürfnisse, die sich über Jahrmillionen entwickelt haben. Und es gibt auch keine neue Normalität hinsichtlich Demokratie. Jedes Mal, wenn man den Begriff hört, und das wird in nächster Zeit häufiger geschehen, sollte man stutzen, den Kopf schütteln und an das denken, was wirklich normal, weil gut für einen ist: Freunde treffen, Reisen und Fußball im Stadion schauen. Hertha BSC vielleicht ausgenommen.

Der letzte Satz war eine sehr persönliche Sichtweise. Darauf hat jeder auch in diesen Krisenzeiten ein Recht. Die Gedanken sind frei und das Unterdrücken bestimmter Ideen, das gedankliche Distancing, hat psychohygienisch betrachtet einen eher geringen Gesundheitswert. Es bedeutet meist Stress, schlechten Schlaf und in der Konsequenz oft die Somatisierung von inneren Spannungen. Man gewöhnt sich vielleicht an eine geduckte Sitzhaltung. Krank wird man trotzdem.

Um gesund zu bleiben ist freies Denken sehr nützlich. Dabei muß man nicht so weit gehen und sich seine eigene isolierte Welt schaffen. Austausch und Diskussion bringt einen persönlich und die Gemeinschaft voran. Es ist aber erlaubt, sich schöne Worte auszudenken und eine kleine Komfortzone in der Krise zu kreieren. Eine bewährte Kreativitätstechnik besteht darin, daß man mit Hilfe von skurrilen Wortkombinationen etwas Neues schafft. Nehmen wir zum Beispiel „Knuddlemehomi“. So weit bekannt, gab es dieses Wort bis vor ein paar Sekunden noch nicht. Es schoß einfach so in den Geist, als jemand darüber nachdachte, wie man sich Zuhause trotz Kontaktsperre wohl fühlen kann.  Was könnte dieses Wort bedeuten? Vielleicht legt es nahe, daß man sich in seiner Wohnung Knuddelecken schafft, Orte an denen man mit der Katze, dem Hund oder was sonst noch griffbereit ist kuschelt. Oder es könnte empfehlen, daß man sich vor den heimischen Spiegel, dreimal am Tag in die Wange kneift, was, da es den Lachmuskel stimuliert, auch zu Wohlbefinden beitragen kann. Wie man sieht, regt ein neues Wort die Fantasie an. Wenn man nun dranbleibt und etwas überlegt, fallen einem vielleicht noch mehr seltsame Dinge ein, die das Leben bereichern können.

Wer sich also gerade langweilt, überlegt sich ein verrücktes Wort. Je un-normaler um so besser. Als nächstes versucht man, ihm Bedeutung zu geben. Das Wort ist nur ein Trigger für die eigene Schöpfungskraft.

Zurück zur neuen Normalität. Wer erinnert sich nicht noch an die Vor-Corona-Zeit. Überfüllte U-Bahnen. Griesgrämige Mitbürger. Politiker, die niemals auf einen Nenner kommen konnten. Kein Geld für Sozialausgaben. Sinnloses Betrinken in verrauchten überfüllten Bars. Schreckliche Spiele von Hertha BSC. Es wird vielleicht wirklich eine andere Normalität geben und alle sind dazu angehalten, sie zu einer neuen und besseren für alle Menschen zu machen.

Über Innere-Staerke

Dipl.-Psychologe und Spezialist für Stressmanagement und Soziale Kompetenz. Teamtrainer und Berater in Personalentwicklung und Personaldiagnostik. Gründer von Innere Stärke Trainings und Coachings und Personalentwicklung3000
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